Was ist L.E.Na?
Bei L.E.Na handelt es sich um ein Behandlungskonzept zur Behandlung von Adipositas und metabolischem Syndrom, das in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Dr. med. D. Tews, Prof. Dr. med v. Lilienfeld-Toal und meiner Person (Dipl.-Psych. und Psych. Psychotherapeutin) entwickelt wurde und in einer multizentrischen, prospektiven, randomisierten und kontrollierten Studie untersucht werden soll.

Die Abkürzung L.E.Na steht für Leben – Essen – Nachhaltigkeit.

Besonderheiten von „L.E.Na“:

Im Vergleich zu anderen Behandlungsformen einer der häufigsten und für das Gesundheitssystem teuersten Erkrankungen, der Adipositas und des metabolischen Syndroms stellt L.E.Na einen sowohl wirksamen als auch niedrigschwelligen und ökologisch nachhaltigen Behandlungsansatz dar, der ganzheitlich und auf mehreren Systemebenen dem metabolischem Syndrom entgegen wirkt.

Das Konzept sieht vor, dass Diabetologische Schwerpunktpraxen in ihren Schulungsräumen ein einjähriges Gruppenprogramm anbieten, das von den Diabetes- und ErnährungsberaterInnen der Praxen geleitet wird. Die Leitenden des Gruppenkurses erhalten eine Schulung, in der sie die wesentlichen Kernpunkte des Gruppenprogramms L.E.Na kennen lernen. Hier besteht insbesondere bezüglich der psychologischen Inhalte Vermittlungsbedarf, da die BeraterInnen in der Regel bezüglich der Ernährungsfaktoren umfassend ausgebildet sind.


Der Kern der von uns entwickelten Behandlungsmethode besteht in einer konsequenten kohlenhydratarmen Ernährungsweise in Kombination mit einem Gruppenkurs, der auf Verbesserung des Copings fokussiert ist, verbunden mit Aspekten eines gesunden, nachhaltigen Lebens.

Leben und Essen:

Der Kurs ermächtigt Teilnehmende, sich gegen das im Gehirn verankerte Verlangen zu wehren, zuckerhaltige Nahrungsmittel allem anderen vorzuziehen. Sie lernen, Gemüse, Ballaststoffe, Fett und Eiweiß diesem Impuls entgegen zu setzen. Gleichzeitig entsteht das Setting einer Selbsthilfegruppe, die dabei hilft, die „Zuckersucht“ in den Griff zu bekommen. Hinzu kommt Wissen über Nahrungsmittel, z.B Einfluss von Chemie, Wirkung auf das Mikrobiom und eine stabile Lebensführung.

Die Gewichtsreduktion wird durch eine starke Reduktion von Zucker und Kohlenhydraten in der Nahrung erreicht, was gewissermassen einen „ Zucker-Entzug“ bewirkt. Um dies zu kompensieren ist das Gruppensetting und die gegenseitige Motivation der Teilnehmenden essentiell.

Zusätzlich werden die täglichen Ernährungsgewohnheiten durch die Vermittlung und Anleitung zu einer vollwertigen Kost mit wenig verarbeiteten, biologisch und regional produzierten Lebensmitteln besprochen, um die Exposition gegenüber Chemie in der Nahrung zu reduzieren. Hinzu kommt, dass ein Verzicht auf stark konfektionierte Lebensmittel auch durch die Veränderung des Geschmackserlebens wirkt.

Schließlich werden außerdem im Gruppenkurs alltägliche Stress- und Belastungssituationen, die zu einem Überessen und einem Rückfall in kohlenhydrat- und zuckerreiche Ernährungsweisen führen, in der Gruppe besprochen, bearbeitet und funktionale Bewältigungsstrategien (an Stelle von Essen) vermittelt und eingeübt.

Diese genannten Interventionen und Aspekte werden im Gruppenkurs niedrigschwellig bearbeitet. Das bedeutet, dass sowohl an die Kursleitenden als auch an die Teilnehmenden keine großen Anforderungen gestellt werden. Auf wöchentliches Wiegen, Essprotokolle, starre Vorgaben beim Essen, Wiegen des Essens etc. wird verzichtet.

Das Konzept sieht vor, dass die kohlenhydratarme Ernährungsweise und die gegenseitige, längerfristige Unterstützung (auch hinsichtlich von Stressbelastungen) im Gruppensetting die entscheidenden Wirkfaktoren darstellen. Die Kursleitenden steuern lediglich den Raum, regelmäßige Informationen (Wissen, Psychoedukation) und wenige leicht zu vermittelnde Übungen bei.

Nachhaltigkeit:

Die Wahl von nachhaltig erzeugten Lebensmitteln wirkt sich auf die Umwelt aus. Nicht nur die durch ungesunde, meist konfektionierte Nahrungsmittel mit hohem Fett, Salz und Zuckergehalt immer wieder neu angeregte Nahrungsaufnahme führt zu der Krankheit. Bereits in utero, später das ganze Leben lang ist der Mensch Substanzen ausgesetzt, die Stoffwechselvorgänge ruinieren, z.B PFAS, Phthalate, Bisphenole u.a. Dies zu vermeiden, gehört zum Konzept.

Der Gruppenkurs bewirkt bei den Teilnehmenden eine Bevorzugung von Bio-Produkten sowie Überlegungen zur Auswahl von Milch (Heumilch und Weidetierhaltung). Eine vegane Variante dieser Ernährungsweise ist dabei ebenfalls möglich, wenn an Stelle von Fleisch, Fisch, Eiern oder Milchprodukten Soja-, Seitan-, Tempeh-, Pilz- oder Bohnenprodukte verwendet werden.

Die angestrebte Ernährungsweise grenzt sich aber von der „Planetary Health Diet“ und den aktuellen Empfehlungen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) dadurch ab, dass der Anteil an Fetten, Ballaststoffen (Gemüse) und Proteinen deutlich höher und an Kohlenhydraten deutlich geringer ist.

Durch die niedrigschwellige und ressourcenarme Gestaltung des Gruppenkurses ist die Behandlungsmethode selbst nachhaltig und umweltschonend. Es sind keine technischen Geräte oder der Einsatz pharmakologischer Produkte notwendig. Allein das Gruppensetting, die Information der Teilnehmenden, die Verbesserung der Selbstwirksamkeit und Stressbewältigung bei den Teilnehmenden sowie die Auswahl günstiger Lebensmittel im Alltag wirken.

Der Annahme, dass wir nur gesund in einer gesunden Umwelt sein können, wird durch diesen Ansatz Rechnung getragen.

Pilotstudie:

In einem Pilotprojekt wurde der von uns entwickelte Ansatz auf seine Wirksamkeit überprüft. Im Fokus stand die Umsetzbarkeit und Wirkung eines auf „Low-Carb“ und Coping fokussierten Gruppenkurses auf das Körpergewicht und Parameter der metabolischen Gesundheit.

Die Ergebnisse sind vielversprechend und sollen nun unter Einbezug des Nachhaltigkeitsaspektes in einer großangelegten, kontrollierten Studie verifiziert werden.

In drei Durchläufen beendeten insgesamt 18 Teilnehmende den Gruppenkurs. Die Teilnehmenden verloren durchschnittlich 8,6% ihres Körpergewichtes. Alle für das metabolische Syndrom entscheidenden Parameter verbesserten sich, Veränderungen bei folgenden Blutwerten waren signifikant: HbA1c, Insulin, Triglyzeride, Harnsäure.

Die Ergebnisse unseres Pilotprojektes sind hier publiziert:

Thieme E-Journals – Adipositas – Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie / Abstract (thieme-connect.com)

und:

https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1584-3228